Selbsthilfe und Hilfe zur Selbsthilfe ist in Deutschland und für die Menschen die hier Leben ein wichtiges Element, um mit einer schwierigen Lebenssituation zurecht zu kommen. Der Austausch und die gegenseitige Unterstützung sind für das Leben mit einer chronischen Krankheit, einer körperlichen, geistigen, psychosozialen oder sinnlichen Beeinträchtigung von großer Wichtigkeit. Die Möglichkeit, aus den Erfahrungen von gleichermaßen Betroffenen Zuversicht, Kraft und Rat schöpfen zu können, sind eine wichtige Hilfe im Akzeptieren von und im Leben mit einer problematischen Lebenssituation. Noch immer suchen vergleichsweise wenige Menschen mit nicht-deutscher Herkunft Hilfe in einer Selbsthilfegruppe. Gleichzeitig gibt es aber innerhalb bestimmter nicht-deutscher „Communities“ Strukturen und Angebote, die mit der klassischen „deutschen“ Selbsthilfe zumindest ein Stück weit vergleichbar sind – nur fehlt hier oft die Verzahnung mit den anderen Akteuren des bundesdeutschen Gesundheits- und Sozialwesens.
Unser Projekt zur Öffnung, Stärkung und Verzahnung interkultureller Selbsthilfe-Akteure betritt keinesfalls völliges Neuland. Insbesondere in einem Projekt des Netzwerks Selbsthilfe Bremen-Nordniedersachsen wurden wichtige Erkenntnisse gewonnen und Fortschritte für interkulturelle Selbsthilfearbeit erreicht. Vor allem eines wurde bislang deutlich: Interkulturalität generell und eben auch in der Selbsthilfe beginnt nicht an einem Punkt und endet an einem anderen, sondern ist ein lebendiger Prozess. Mit unserem Projekt wollen wir einen weiteren Beitrag zur Ausweitung, Öffnung und Vernetzung interkultureller Selbsthilfe im Sinne von Menschen mit Zuwanderungs- und Fluchthintergrund leisten.
Der Titel des Projektes deutet auf eine ausschließliche Orientierung auf Menschen türkischer Herkunft hin. Das wäre ein Missverständnis. Gleichwohl haben wir uns für den Titel bewusst entschieden, weil er unseren Ansatz deutlich macht: „Kendi kendine yardım“ ist eine von mehreren Übersetzungen des deutschen Wortes „Selbsthilfe“ ins Türkische. Die anderen Möglichkeiten würden aber z.B. eher eine negative Auslegung nahelegen, und genau dieses Phänomen gibt es auch in anderen Sprach- und Kulturkreisen. Unser Ansatz ist, dass ein möglichst tief gehendes kulturelles und sprachliches Verständnis der Schlüssel für gleichberechtigtes Leben der Menschen nicht-deutscher Herkunft in unserem Land ist. Die Wahl des Projekt-Titels aus einer nicht-deutschen Muttersprache ist darum ein für uns wichtiger symbolischer Akt. Die inhaltliche Ausrichtung wird weitere Kulturkreise und Sprachgruppen einbeziehen und dies auch mit dem Integrieren weiterer Muttersprachen in unserem Projekt abbilden.
Inzwischen konnten wir Betroffene mit kulturellen Hintergründen aus Albanien, Bulgarien und dem Iran als Kontaktpersonen für unser Projekt gewinnen. Gern können sich also Menschen aus den entsprechenden Sprach- und Kulturkreisen bei uns melden, wenn Sie Hilfe suchen und sich mit anderen Betroffenen zu ihrer Erkrankung und ihrer ganz konkreten Situation austauschen möchten. Dies ist noch im Auf- und Ausbau.
Eine erste Projektpräsentation – zur sog. „Kick-Off“ Veranstaltung – können Sie unter diesem Link aufrufen.